Gefährdungsbeurteilung psychische Belastungen: Pflicht des Arbeitgebers oder Selbstverantwortung des Angestellten?

Burnout-Prävention am Arbeitsplatz – gesetzliche Anforderungen, Haftung vermeiden, Mitarbeiter binden

Die Gefährdungsbeurteilung auch von psychischen Belastungen (PGB) bei der Arbeit ist seit dem 25.09.2013 im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) festgeschrieben und seit 1.1.2014 in Kraft. Davon sind verschiedene betriebliche Verordnungen und Gesetze einbezogen.

Wie soll dies gemessen werden? Vorschriften oder allgemein anerkannte Standards für die praktische Umsetzung bestehen zunächst nicht, auch nicht, wie diese zu erfolgen hat.

Keine individuelle Situation abzufragen

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Erfassung und Beurteilung psychischer Gefährdungsfaktoren nicht dazu dienen soll, die individuelle psychische Situation der Beschäftigten abzufragen. Vielmehr müssen betriebliche Faktoren wie Arbeitsorganisation, Über- oder Unterforderung, Qualifikation, Kommunikation, Führungsmethoden, Kundenverhalten u. a. m. als mögliche Belastungsfaktoren erkannt, bewertet und menschengerecht gestaltet werden.

Im Rahmen der Beurteilung psychischer Gefährdungen wird häufig der Begriff der psychischen Belastungen gebraucht. Dessen inhaltliche Bedeutung ist in der DIN EN ISO 10 075 definiert. Im ersten Teil werden die negativen psychischen Kurzzeitfolgen von Fehlbelastungen (psychische Ermüdung, Monotonie, psychische Sättigung und herabgesetzte Wachheit) beschrieben. Der zweite Teil beinhaltet konkrete Möglichkeiten, wie durch eine günstige Arbeitsgestaltung derartige negative kurzfristige Folgen vermieden werden können. Im dritten Abschnitt werden methodische Anforderungen an Messverfahren, insbesondere an deren Zuverlässigkeit (Reliabilität) und Gültigkeit (Validität), formuliert.

Häufig erfolgt die Erfassung möglicher Belastungsfaktoren mittels Fragebogen (siehe Kurzfragebogen der Unfallkasse des Bundes). Diese Antworten haben nichts mit der Gestaltungsqualität der Arbeit zu tun und können dadurch zu Verzerrungen in den Ergebnissen führen. Um dem entgegenzuwirken, empfiehlt es sich auch sogenannte bedingungsbezogene Expertenbeobachtungsverfahren einzusetzen. Dabei handelt es sich um strukturierte Beobachtungsinterviews, die an typischen Arbeitsplätzen durch geschulte Fachkräfte durchgeführt werden.

Die Kombination objektiver und subjektiver Analysemethoden sowie das Einbeziehen der Analyse von Bewältigungsstrategien der Mitarbeiter tragen entscheidend zur Erkennung von Gesundheitsrisiken (z.B. Depression, Muskel-Skelett-Beschwerden) am Arbeitsplatz bei.

Eine Psychische Gefährdungsbeurteilung (PGB) konzentriert man sich auf die bedingungsbezogenen Aspekte der Arbeitsgestaltung insbesondere der Arbeitsorganisation. Die Strategien von Beschäftigten, Arbeitsbelastungen zu bewältigen bleiben unberücksichtigt. Die PGB ist somit rein arbeitsplatzbezogen.

Die PGB untersucht eine Anzahl von Items jeweils nach „Zutreffend“ oder „Nichtzutreffend“. Diese sind:

Die PGB erfolgt in sieben Schritten:

  1. Sammlung betrieblicher Daten, wie bereits vorhandene Befragungen, Fehlzeitstatistiken, Fluktuationen, Unfälle, Beschwerden, Suchtfälle, etc. sowie deren Clusterung gemäß einer vorgegeben Tabelle,
  2. Orientierung mittels einer Checkliste und anschließend die Anwendung des PGB-Indexes,
  3. Durchführung ergänzender Interviews anhand eines Fragenkatalogs,
  4. Auswertung der Daten und Dokumentation,
  5. Ableitung von Maßnahmen,
  6. Zertifizierung
  7. Umsetzungsplan

Mit diesen 7 Schritten beurteilen Sie Gefährdungen systematisch. (Quelle: BGW)

Für alle Betriebsgrößen

Im Januar 2015 haben Krankenkassen berichtet, dass im vergangenen Jahr Depressionen als Folge von chronischem Stress und Burnout in Unternehmen an zweithäufigster Stelle für Krankschreibungen verantwortlich waren. Als Reaktion erleben Arbeitgeber einen politischen und gesellschaftlichen Druck – so wurde das Arbeitsschutzgesetz um psychische Schwerpunkte erweitert, die Arbeitsstättenverordnung verschärft und auch das Präven­tions­gesetz und die Anti-Stress-Verordnung von Bundesministerin Andrea Nahles stehen vor der Tür. Diese Punkte betreffen alle, wenn sie mindestens eine Person (und sei es auf 450 EUR Basis) beschäftigen: Anwälte, Freiberuflicher, GmbHs, AGs, Gewerbetreibende, Vereine, Verbände. Alle.

Was bedeutet dies für das einzelne Unternehmen? Welche Maßnahmen sind zu treffen, welche Schritte zu unternehmen, dass daraus kein Haftungsrisiko wird? Welche Rolle spielt zukünftig der Betriebsrat, die Gewerbeaufsicht und die Rentenversicherung in diesem Kontext?

Nach einer Psychischen Gefährdungsbeurteilung (PGB) ist für Unternehmen jeder Größe ein Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) sinnvoll. Ziel eines BGMs ist es, diese gesundheits­förder­lichen Einzelmaßnahmen in einer sinnvollen und effektiven Struktur miteinander zu vernetzen und deren Auswirkungen auf die Mitarbeitergesundheit messbar zu machen. BGM ist ein Mana­gementsystem, kurz, damit die Maßnahmen gezielt ankommen und motivierte Teilnehmer passend gefördert werden. Dies zahlt auf Ihre Mitarbeiterbindung positiv ein.

Die Einführung von BGM folgt, wie auch in vielen anderen Bereichen, dem Zyklus eines klassischen Managementzirkels: Analyse – Zielsetzung – Maßnahmen – Evaluation. Dieses Vorgehen hat sich in der Unternehmenspraxis vielfach bewährt. Es wurde den Besonderheiten zur Gesundheitsförderung in Organisationen angepasst, wie wir gerne persönlich vorstellen.

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