Wer sich von Marketingversprechen leiten lässt oder blind den Wallets prominenter Krypto-Influencer folgt, riskiert schnell den Totalverlust. Dabei ist eigene Recherche keine Kür, sondern überlebenswichtig in einem Markt, in dem die Illusion oft glänzender erscheint als die Realität.
In der Kryptowelt sprechen alle davon, „eigene Recherchen anzustellen”. Aber nur sehr wenige tun dies tatsächlich.
Jeder predigt „Do Your Own Research“ (DYOR). Kaum jemand macht es wirklich.
Das DYOR-Mantra ist zum Running Gag geworden. Es dient oft als Disclaimer, um sich nicht für dubiose Tipps rechtfertigen zu müssen. In der Realität folgen viele Krypto-Anleger lieber Influencern, Hypes oder Telegram-Gruppen – oft ohne zu verstehen, was sie da eigentlich kaufen. Erst wenn die roten Flaggen unübersehbar werden, kommt das böse Erwachen.
Echte Recherche bedeutet nicht, ein paar Threads auf X (ehemals Twitter) zu lesen oder TikToks mit „To the moon“-Gebrüll zu schauen. Es bedeutet: tief graben, kritisch denken und bewerten, was 95 % des Marktes ausblenden.
Wenn das Problem Faulheit ist – kann man wenig tun. Wenn es aber an Methode fehlt, hilft dieser Guide.
Schritt 1: Marktkapitalisierung analysieren
Bevor man sich das Team, den Use Case oder die Community anschaut: Wie viel ist das Projekt heute wert? Die Market Cap ist die absolute Basis, wie beim Kauf eines Unternehmens. In Krypto wird sie jedoch oft vernachlässigt.
Mentale Einordnung nach Marktkapitalisierung:
- Top 10: Bitcoin, Ethereum, Solana etc. – „Blue Chips“ mit hoher Liquidität, starker Adoption und institutioneller Beteiligung. Aber nichts ist unantastbar (siehe Terra).
- Platz 11–25: Solide Projekte mit realem Produkt, aktiver Community, längerem Track-Record. Mehr Wachstumspotenzial, aber auch anfälliger für Regulierungen.
- Platz 26–50: Mid-Caps. Mischung aus Hype und Substanz, riskanter, weniger liquide.
- Platz 51–100+: Spekulative Wetten mit erster Traktion – ein gutes Narrativ reicht oft, aber die Überlebensrate ist gering.
Schritt 2: Tokenomics verstehen
Wie funktioniert der Token wirtschaftlich? Wer kontrolliert wie viel? Wie wird er ausgeschüttet? Beispiel:
- Solana: Kein fixes Supply. Anfangsinflation bei 8 %, sinkt jährlich um 15 % bis langfristig 1,5 %. Gute Community-Verteilung, begrenzter Einfluss des Gründungsteams.
- ICP (Internet Computer): Wenig zirkulierende Token, hoher Anteil bei Foundation und Vorverkäufen. Warnsignal.
Tokenomics sind das Fundament – und oft der Grund, warum selbst gute Projekte langfristig scheitern.


Tokenomics Solana, CoinMarketCap


Tokenomics ICP, CoinMarketCap
Schritt 3: Team und Roadmap prüfen
Haben die Gründer in früheren Zyklen durchgehalten oder Projekte aufgegeben? Ist die Roadmap konkret oder voller Buzzwords? Haben sie geliefert? Wie agieren sie auf Social Media? Eine gute Due Diligence erfordert LinkedIn, Interviews, alte Postings – das ist kein Misstrauen, sondern Analyse.
Schritt 4: Positionierung im Ökosystem
Welche Rolle spielt das Projekt im Gesamtmarkt? Welche Konkurrenz gibt es? Hat es einen realen Nutzen? Kann es regulatorische Schocks, Branchenturbulenzen oder Bärenmärkte überstehen?
Im Abschwung sinkt alles – aber wer überlebt? Wer skaliert danach? Die Antwort: Nur Projekte mit echter Relevanz, exzellenter Ausführung und einer beinahe fanatischen Community.
Der bittere Befund
Wer ernsthaft recherchiert, landet oft wieder bei den offensichtlichen Kandidaten: Bitcoin. Ethereum. Projekte mit Jahren an Reifezeit, nicht nur Hype. Wer seine Hausaufgaben nicht macht, hält hingegen womöglich einen „Shitcoin“, nur weil ein Influencer überzeugend klang.
Ein Blick auf die Marktentwicklung bestätigt das:
Vergleich der Top 20 Coins von 2020 vs. 2025: Nur 6 Projekte (ohne Stablecoins) haben durchgehalten. Im Top-50-Ranking ist die Fluktuation noch drastischer.

Top 20 Kryptowährungen im Jahr 2020 und 2025
Fazit: DYOR ist kein Meme – es ist dein Rettungsseil
Wenn jemand „DYOR“ sagt, frag dich: Ist das ein echter Rat – oder nur ein Feigenblatt?
Im Lärm des Marktes liegt der Vorteil im Stillen. Tabs schließen. Lautstärke runterdrehen. Whitepaper lesen. Zahlen sezieren. Und am Ende: wirklich verstehen, was man besitzt. Nur so unterscheidet man Raketen von Attrappen.